Individualpsychologische Beratungspraxis (DGIP)

Renate Freund

 

 

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Aggressionen in der Eltern-Kind-Gruppe

Die Eltern-Kind-Gruppe trifft sich, und während die Erwachsenen noch am gemeinsamen Frühstückstisch sitzen, krabbeln oder laufen die Kleinen auf dem Spielteppich herum, bauen mit Klötzchen usw. Auf einmal steht ein Kind auf, und ehe noch ein Erwachsener reagieren kann, hat es einem kleineren in die Backe gebissen.

Verständlicherweisen sind sowohl die Eltern des "Täters" als auch des "Opfers" betroffen, und man fragt sich nach dem Grund für solche Aggression. Aber ich denke, hier müssen wir ganz genau hinschauen. Was nach einer bösen und ziemlich gemeinen Attacke aussieht, ist häufig nur eine Form von Kontaktaufnahme, zugegebenermaßen einer nicht gelungenen. Vielleicht wollte das größere Kind mit dem kleineren spielen, hat es angesprochen, aber bekam keine Antwort (weil das kleinere noch nicht reden kann, aber das wissen wir). Um nun überhaupt eine Reaktion zu erhalten, wusste das größere Kind keinen anderen Weg als so  drastisch vorzugehen.

Gut, wir können nachvollziehen, dass das Beißen nicht böse gemeint war, dennoch müssen wir reagieren. Dazu ist wichtig, dass aus dem Geschehen nicht ein großer Aufruhr wird. Stehen jetzt alle Eltern auf und gehen zu den Kindern, konzentriert sich alle Aufmerksamkeit auf diesen Vorfall, so kann es sein, dass er sich bald wiederholt; denn so eine tolle Wirkung hatte der "Beißer" oder die "Beißerin" sicher nicht erwartet. Also Ruhe bewahren, und nur die Eltern der betroffenen Kinder reagieren mit Trost für das "Opfer" ( in den Arm nehmen, beruhigen, pusten, trösten, aber nicht bedauern und schlimmer machen als es wirklich ist. Das ist manchmal gar nicht so leicht, müssen wir doch mit unserer eigenen Betroffenheit fertig werden, die wir spüren, wenn unserem Kind etwas angetan wird) und einem deutlichen "Nein" für das "Täterkind". "Das hat XY weh getan, das geht nicht!" Hat sich das attackierte Kind wieder beruhigt, sollte das andere Kind es trösten, streicheln, ihm etwas geben, was meistens gelingt, wenn die Eltern mit den Kindern aufeinander zugehen.

Wiederholt ein Kind solche Attacken, kann man damit reagieren, dass man das Kind für eine Weile von den anderen entfernt ("Du sitzt jetzt erst mal bei mir; denn es geht nicht, dass du anderen weh tust.") oder mit ihm zusammen übt, wie man Kontakt aufnimmt.

Wichtig ist durch Beobachten zu prüfen, ob die Annahme stimmt, dass es um Kommunikationsschwierigkeiten geht.

Oder will ein Kind vielleicht Eigentum verteidigen? Auch da wäre ein Einüben hilfreich, wie man sich mit anderen auseinandersetzt, Spielsachen tauscht, sich abwechselt usw. Während in einer Geschwistergruppe Kinder gezwungen sind, sich immer wieder miteinander zu arrangieren und Dinge miteinander zu teilen, sind Eltern von Einzelkindern hier besonders gefordert. Auch wenn es Ihnen egal ist, ob Ihr Kind Gegenstände nimmt, die Ihnen gehören, sollten Sie Ihr Kind fragen lassen. Genauso fragen Sie Ihr Kind, wenn Sie etwas benutzen möchten, das Sohn oder Tochter gehört. Wenn Ihr Kind zum einen gelernt hat, Eigentum des anderen zu respektieren, und zum anderen auch Abgeben und Teilen selbstverständlich geworden sind, wird ihm das den Umgang mit anderen Kindern erleichtern.

Viele Erfahrungen kann man durch Rollenspiele vorwegnehmen. Hilfreich sind auch Spiele mit Handpuppen oder Kuscheltieren, aus denen Kinder Verhaltensmuster lernen. Wenn Sie ein Stofftier in der Hand haben und laut denken: „Ich möchte gerne mit dem kleinen Hund spielen. Der soll mein Freund werden. Wie fange ich das nur an?“, haben Sie sicher die Aufmerksamkeit Ihres Kindes, und dann können Sie fortfahren: „Ach, der ist ja noch so klein, der kann ja noch gar nicht sprechen. Aber spielen können wir trotzdem zusammen. Ich gebe ihm mal ein paar Klötzer, und dann bauen wir zusammen einen Turm. Ich zeige ihm, wie das geht.“ So kann ihr Kind dieses Muster beim nächsten Spielgruppentermin übernehmen und so auf andere Kinder zugehen.