Individualpsychologische Beratungspraxis (DGIP) Renate Freund
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2. Wenn Geschwister streiten Welche Eltern
stoßen nicht von Zeit zu Zeit tiefe Seufzer aus angesichts heftiger
Auseinandersetzungen unter den Geschwistern? Manche Streitereien aber wären
vermeidbar, durchschaute man das Ziel, das die Kinder damit erreichen
wollen. Dazu ein
Beispiel: Während die Mutter mit ihrer Freundin telefoniert, geraten Sven und Björn, die vorher einträchtig mit ihren Legosteinen gebaut haben, in einen heftigen Streit und werden immer lauter:. Die Mutter versteht kein Wort mehr am Telefon und beendet schließlich das Gespräch, nachdem auch mehrfaches Ermahnen nichts genützt hat. Dann wendet sie sich den Kindern zu. "Sven hat angefangen!" beteuert Björn, was jener heftig abstreitet. Die Mutter lässt sich den Streitpunkt erklären und bemüht sich um eine gerechte Lösung. Aber die Kinder scheinen das Interesse an einer Schlichtung verloren zu haben und bestehen bald nicht mehr auf ihren Standpunkten. Warum wäre
dieser Streit vermeidbar gewesen? Die Mutter hat
nicht durchschaut, dass die Kinder - vermutlich unbewusst- den
„Konkurrenten Telefon“ ausschalten und die Mutter mit sich beschäftigen
wollten. Als die Kinder dieses Ziel erreicht haben, werden sie sofort
wieder friedlich. Wie hätte die
Mutter sich anders verhalten sollen? Grundsätzlich
ist festzustellen: Jeder in der Familie hat Rechte, das gilt gleichermaßen
für das ungestörte Telefonieren wie für das Bedürfnis der Kinder nach
Aufmerksamkeit und Zuwendung durch die Mutter. Insofern hätte die Mutter
bereits zu einem früheren Zeitpunkt die Kinder fragen sollen, ob sie
schon groß genug sind, um sie gelegentlich ungestört telefonieren zu
lassen. Auf eine solche Frage hätten die Kinder vermutlich positiv
reagiert; denn wer möchte nicht „groß genug“ sein? "Ich störe
euch ja auch nicht, wenn ihr mit euren Freunden telefoniert oder eine
Kindersendung guckt." Dieser Hinweis macht den Kindern deutlich, dass
alle in der Familie gleichwertig behandelt werden und die Mutter nicht
Unbilliges von ihnen verlangt, gegen das man kämpfen müsste. Die Mutter
hätte dann weiter mit den Kindern verabreden können, dass sie zu
gegebener Zeit an diese Absprache erinnern darf. Außerdem ist
es grundsätzlich nicht sinnvoll, Streitsituationen mit den Kindern
aufzuarbeiten und "Schiedsrichter" zu spielen. Wenn Eltern das häufig
machen, lohnt sich das Streiten ja; denn darüber bekommt man dann stets
ihre Aufmerksamkeit. Sinnvoller ist es, den Kindern immer wieder zu sagen,
dass man ihnen zutraut, dass sie ihre Angelegenheiten selber
regeln. Hat man das Gefühl, die Kinder streiten häufig, um sich
Zuwendung zu holen, sollte man sich fragen, ob sie tatsächlich etwas zu
kurz kommen und wie man ihnen auf eine sinnvollere Weise Aufmerksamkeit
schenkt.
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