Individualpsychologische Beratungspraxis (DGIP) Renate Freund
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Wenn das Telefon klingelt.. Immer wieder ist in meinen Gruppen Thema, wie man Streit vermeiden kann, wenn das Kind beim Telefonieren stört. Kommt Ihnen das folgende Beispiel vielleicht bekannt vor? Während die Mutter gerade die Küche aufräumt und Paul mit seinem Rutscheauto um sie herumfährt, klingelt das Telefon. Die Mutter geht hinüber ins Wohnzimmer und unterhält sich mit dem Anrufer. Es dauert gar nicht lange, da kommt Paul hinterher. "Mami, Durst!" quengelt er, "will was trinken!" Die Mutter lächelt ihn an und sagt: "Gleich, mein Schatz!" und telefoniert weiter. Nicht mal eine Minute gibt Paul Ruhe, um dann wieder anzukommen und energischer als vorher nach Trinken zu verlangen. "Einen Augenblick noch," vertröstet ihn die Mutter, "du kannst ja noch ein wenig mit deinem Auto fahren. Ich muss nur noch schnell etwas am Telefon besprechen." Paul gibt aber keine Ruhe. Er tritt der Mutter, so fest er kann, auf die Füße, und als diese immer noch nicht reagiert, gegen das Schienbein. Dazu fängt er laut zu schreien an, so dass die Mutter schließlich ihr Gespräch abbricht und auf den Abend verschiebt. Woher Pauls Aggressionen kommen, ist nicht schwer zu sagen. Er fühlt sich abgemeldet, der Mutter ist ihr Telefongespräch wichtiger als sein Durst. In Paul entsteht das Gefühl: ich bin nicht wichtig, man kümmert sich nicht um mich, und im schlimmsten Fall: meine Mutter hat mich nicht lieb. Er ist frustriert, dass seine Ansätze nicht gefruchtet haben, mit denen er die Aufmerksamkeit der Mutter wollte, spürt vielleicht auch, dass Mutters Lächeln und die Anrede "mein Schatz" in der Situation nicht ganz echt waren, und triumphiert, als er sein Ziel erreicht hat. In schlauen Büchern steht jetzt, dass Ihr Kind nur grundsätzlich genug Aufmerksamkeit von Ihnen bekommen muss. dann wird es Sie auch in Ruhe telefonieren lassen. Aber meine Erfahrung spricht dagegen. Das Telefon, bei dem man den Gesprächspartner der Eltern weder hören noch sehen kann, erscheint als noch viel schlimmerer Rivale als jemand, der tatsächlich anwesend ist und mit dem man Blickkontakt aufnehmen, vielleicht sogar nonverbal kommunizieren kann, während Mutter oder Vater mit ihm redet. Je nach Pauls Alter gibt es verschiedene Möglichkeiten, auf sein Verhalten zu reagieren. Unsere Kinder waren meistens befriedigt, wenn sie wenigstens "Hallo!" zu dem Telefongegenüber sagen durften. Das hängt zusammen mit dem Grundsatz der Partnerschaftlichkeit in der Erziehung. Jeder von uns hat Rechte, und jeder von uns muss anderen seine Rechte lassen. Bezogen auf unsere Situation heißt das: Nun haben nämlich wir beide mit XY telefoniert, das Kind durfte in Ruhe reden, und meistens gesteht es dies dann auch mir zu (Stundengespräche werden ohnehin nur geführt, wenn die Kinder schlafen oder jemand anders für sie da ist) Aber noch einmal
zu dem aggressiven Verhalten: Paul muss merken, dass es nicht akzeptabel
ist, wenn er jemandem weh tut. Deshalb kann die Mutter ihm entweder Hände
und Füße festhalten, dass er nicht schlagen und treten kann, oder sie
unterbricht das Telefongespräch und sagt ihm, dass er ihr weh tut und
dies lassen möge, oder sie setzt ihn wortlos vor die Tür bzw. geht mit
dem Telefon selbst hinaus. Der Klang der Stimme kann in diesem Moment
durchaus etwas schärfer werden, aber zurückschlagen oder -treten, damit
das Kind merkt, wie weh das tut, macht mich unglaubwürdig, wenn ich ihm nächstens
wieder sage, dass man das nicht macht.
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