Individualpsychologische Beratungspraxis (DGIP)

Renate Freund

 

 

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Kindergeburtstage

Alle Jahre wieder steht manchen Eltern vor diesem Tag der Stress ins Gesicht geschrieben, das Kind ist aufgeregt und freut sich, und nicht selten endet das Ganze in einem großen Desaster. Gemeint sind die Geburtstage Ihrer Sprösslinge. Aus meiner Arbeit in den Gesprächsgruppen kenne ich so viele traurige Geschichten von Festen, in deren Vorbereitung eine Menge Arbeit steckte, die liebevollst geplant waren und bei denen es dennoch zum Schluss eine weinende Hauptperson und ein völlig entnervtes Elternpaar sowie eine chaotisch hergerichtetes Wohnung übrig blieben.

Betrachten wir wieder ein Beispiel:

In vier Wochen wird Jens 4 Jahre alt, und diesmal soll groß gefeiert werden. „Du hast bald Geburtstag,“ kündigt die Mutter dem Jungen an, „wen möchtest du denn einladen, und was wollen wir machen?“ Jens ist ganz begeistert und beginnt zu planen: Seine ganze Kindergartengruppe soll kommen, die beiden Nachbarsjungen, die schon Schulkinder sind, natürlich Oma und Opa und seine Paten... „Und dann gehen wir zu MC Donald´s. Das hab´ ich mal im Fernsehen gesehen.“. Jeden Tag wacht er nun mit den Worten auf „Ist heute mein Geburtstag?“ Nachdem die Eltern dies nun schon verschiedentlich verneint haben, wird Jens wütend: „Dann will ich eben gar nicht Geburtstag haben! Ihr seid gemein! Ihr habt gesagt, der kommt bald, und nun stimmt das gar nicht!“ Nur schwer können die Eltern das Kind wieder beruhigen. Aber dann beginnen tatsächlich die Vorbereitungen. Als die Einladungskarten geschrieben werden, gibt es den nächsten Aufschrei; denn nicht 20 Kindergartenkinder plus zwei Jungen aus der Nachbarschaft werden geladen, sondern 4 Jungen aus dem Kindergarten; weil die Mutter mal gehört hat, man solle immer so viele Kinder einladen wie das Kind Jahre alt wird. Jens tobt,. „Aber das ist doch mein Geburtstag, und du hattest mich doch gefragt!“

Kinder von vier Jahren können noch nicht einen Monat im voraus planen, sie verlieren die Geduld, wenn das Ereignis noch so lange auf sich warten lässt. Insofern hätte die Mutter besser daran getan, Jens erst acht bis 10 Tage vor dem großen Ereignis darauf aufmerksam zu machen. Sonst macht sich  - wie in unserem Beispiel - Frustration breit, oder die Erwartungen werden immer höher geschraubt, immer mehr Spannung aufgebaut, dass der Junge schließlich so aufgeregt ist, dass er den Tag gar nicht mehr genießen kann. Ich weiß von Kindern, die schon tagelang vor dem Geburtstag nicht mehr richtig geschlafen haben und an dem Fest ungenießbar werden, weil sich nun die gesamte Spannung der letzten Zeit entlädt. Jede unvorhergesehene Kleinigkeit wird dann zum Anlass für einen großen Tränenstrom oder einen kräftigen Wutanfall.

Eines macht die Mutter richtig: Sie begrenzt die Anzahl der Gäste. Allerdings hätte sie das von vornherein sagen sollen; damit Jens nicht erst so unrealistische Vorstellungen entwickelt. Ein Fest mit der gesamten Kindergartengruppe sollte man wirklich nur veranstalten, wenn man sich dieses zutraut (und wenn man genug Helfer hat!) und die räumlichen Gegebenheiten es zulassen! In dem Beispiel bleibt offen, ob außer Oma und Opa möglicherweise noch andere Verwandte eingeladen werden sollen. So lieb Jens und die Großeltern einander haben, wenn Kindergeburtstag angesagt ist, werden sie gar keine Zeit für einander finden. Eine Mutter, die gleichzeitig eine Gruppe von Erwachsenen mit Kaffee und Kuchen versorgen und möglicherweise noch unterhalten soll, muss sich förmlich zerreißen, um sich auch den Kindern angemessen widmen zu können. Bei einer solchen Konstellation kommt keiner zu seinem Recht! Warum nicht an einem anderen Tag ein Besuch von den lieben Verwandten, es sei denn sie nehmen aktiv an dem Kinderprogramm teil bzw. unterstützen die Eltern in der Versorgung der kleinen Gäste.

Wenn man einen Geburtstag plant, sollte man darauf achten, dass das Geburtstagskind keine Sonderrolle bekommt. Wer ihm erlaubt, dass es die Spiele bestimmen, Rollen verteilen und immer zuerst drankommen darf, hebt das Kind  aus der Gruppe heraus In dieser Position fühlt sich das Kind unsicher und wird deswegen leicht  zum Kasper oder Spielverderber.

Bei kleineren Kinder ist außerdem wichtig, dass es keine Sieger (die möglicherweise noch mit einem Preis ausgezeichnet werden)und Verlierer gibt, ein kleines Geschenk für jeden zum Schluss, eine Belohnung für alle machen viel mehr Freude. Dazu ein Gedanke am Rande: Heute gibt es fast in jeder Kindergruppe mindestens ein Kind mit Allergien. Besprechen Sie mit den Eltern, was es essen darf, damit wenigstens ein Teil des Angebots auch für dieses Kind geeignet ist. Sollte Ihr Kind betroffen sein, so reden Sie darüber! Wer mit dem Problem nicht konfrontiert ist, denkt entweder gar nicht daran, dass manche Kinder bestimmte Dinge nicht bekommen sollten, oder er ist so unsicher, dass er z.B. die Bonbons durch Nüsse ersetzt, die noch viel häufiger eine Allergie auslösen.

Nun haben Sie mit dem Geburtstagskind alles gut geplant und denken, es könne nichts schief gehen, aber dann passiert folgendes:

Jens sitzt mit seinen Gästen am Kaffeetisch, dazu der zwei Jahre ältere Bruder. Dieser nimmt sich einen Mohrenkopf und klatscht sich den vor die Stirn. Mit seinem Strohhalm macht er lauter Blasen in den Kakao und rülpst laut in die Runde. Die Mutter ist entsetzt; denn so kennt sie ihren sonst eher zurückhaltenden Großen überhaupt nicht. Vor allen Dingen löst sein Beispiel zunächst verhaltenes Erstaunen, gemischt mit Bewunderung, aus und bringt dann die Gesellschaft dazu, ebenfalls einander die Negerküsse ins Gesicht zu drücken.

Bei allen Vorbereitungen zu Jens´ Geburtstag hatten die Eltern den größeren Sohn aus dem Blick verloren, der nun seinerseits nur noch die Möglichkeit sah, durch extremes Verhalten aufzufallen und sich in den Mittelpunkt zu rücken. Dem hätte man gut entgegenwirken können, wenn er mit einbezogen worden wäre in die Vorbereitungen, wenn er vielleicht bestimmte Aufgaben übernommen hätte oder man ihn zumindest danach gefragt hätte, wie seine Vorstellungen wären. Ich habe noch gut in Erinnerung, dass unsere Großen sich wünschten, „am Türrahmen lehnend wie Papi und Mami (das war offenbar ihre Beobachtung aus vorangegangenen Geburtstagsfeiern) ein Stück Kuchen zu essen, sonst aber außen vor zu bleiben“. Es hat auch andere Feste gegeben, bei denen sie ganz wesentlich die Spiele der Jüngeren angeleitet haben und richtig tolle Animateure waren. Kleine Geschwister finden sich meistens schon dadurch wichtig, dass sie dabei sein dürfen. Aber auch das sollte vorher geklärt und mit dem Geburtstagskind abgesprochen sein, damit nicht eine Debatte um dieses Thema zum Störfaktor des Geburtstages wird. Was die Geschwister an dem Tag tun, kann höchst verschieden sein, wichtig ist nur, dass alle das Gefühl haben, zu ihrem Recht zu kommen und man einvernehmliche Lösungen findet.

Auch die Planung des Ablaufes sollte gemeinsam geschehen, allerdings ohne dass die Eltern jetzt alle Wünsche des Geburtstagskindes erfüllen müssen, sind diese doch oft ohne Blick auf das Budget oder die persönlichen Situationen der Gäste gemacht. Bitte bedenken Sie auch, dass noch viele Geburtstage auf Sie zukommen und es noch Steigerungsmöglichkeiten geben sollte. Was macht man mit Zehn- oder Zwölfjährigen, wenn man schon mit den Sechsjährigen ins Kino und anschließend in ein Restaurant geht?

Spannend ist es immer, wenn Sie die Feier unter ein bestimmtes Thema stellen, das dann gleich den Rahmen für die Einladung, die Dekoration und die Aktivitäten vorgibt. Viele Spiele braucht man nur mit einer kleinen Geschichte zu verkleiden, um aus einem simplen Versteckspiel das Bewachen eines Indianerlagers zu machen, an das sich die Feinde anschleichen wollen, aus einer Schnitzeljagd das Suchen des von Feinden verschleppten Indianerhäuptlings, aus Sackhüpfen und Kartoffel-(statt Eier-)laufen Indianerwettkämpfe. Ein Stofftier, das im Gebüsch versteckt wird, ist der schon lange gesuchte und verfolgte wilde Bär usw. Statt eines Abendessens werden dann Stockbrötchen am Lagerfeuer gebacken...

Gut ist es auch immer, eine Bastelarbeit einzuplanen, eine Stofftasche zu bemalen, in der das Kind anschließend sein kleines Geschenk, seine Tischkarte u. ä. mit nach Hause nehmen kann, oder einen Lampion für den anschließenden Laternenumzug, eine Windmühle, eine Perlenkette, ein Fensterbild... Wichtig ist dabei, dass die Aufgabe von allen Kindern zu bewältigen ist und dass sie nicht zu lange dauert.

Ein guter Kindergeburtstag ist immer so zu planen, dass lebhafte, durch Bewegung bestimmte Phasen von ruhigen abgewechselt werden. Toben Kinder die ganze Zeit, sind sie entweder irgendwann völlig ausgepowert oder so außer Rand und Band, dass man nichts Ruhiges mehr mit ihnen anstellen kann. Da können dann beim Essen auch leicht solche Szenen wie die oben beschriebene mit den Negerküssen entstehen.

Ein gutes Mittel, Kinder wieder zur Ruhe zu bringen, ist das Aufführen eines kleinen Kasperltheaters, eines Schattenspiels oder es reicht auch, wenn Sie eine Handpuppe haben, mit Sie sich „unterhalten“ oder die den Kindern etwas erzählt. Vielleicht klingt Ihnen das zu aufwändig, aber das muss es nicht sein. Es gibt ein ganz einfaches Muster, nach dem es jedem gelingt, kleine Spielszenen zu gestalten: Der Räuber (das Krokodil, die Hexe, je nach vorhandenen Puppen) fängt die Prinzessin, der König ist ganz traurig, der Kasper bietet seine Hilfe an und befreit (mit Hilfe der Kinder, die ihn durch Zurufe warnen oder ihm Tipps geben können) die junge Dame wieder. – Diese Art von Geschichten begeistert die Kinder immer wieder von neuem und ist gut für die Kinder, weil sie eine Spannung aufbaut, die sich zum Schluss auflöst, als sich alles zum Guten wendet. Größere Kinder haben oft selber Lust, Theater zu spielen oder kleine Stücke mit den Handpuppen aufzuführen.

Zum Schluss noch ein paar Gedanken zum Essen, das meistens den Müttern wichtiger ist als den Kindern: Aus langjähriger Erfahrung kann ich sagen, dass ein traditionelles Kakaotrinken und Kuchenessen zu Beginn nicht sonderlich beliebt ist. Kleinere Kinder stehen anfangs oft unter einer gewissen Spannung, waren sie doch noch nicht so oft ohne ihre Eltern eingeladen. Dann mögen sie nicht essen. Ebenso geht es aber auch denjenigen, die erwartungsvoll den Aktivitäten entgegensehen, die geplant sind. Wenn Sie nicht Gefahr laufen wollen, dass auf jedem Teller ein halbes bis Dreivierteltortenstück zurückbleibt, sollten Sie kleine Dinge anbieten, die auch das Auge mitessen lassen, und auch ruhig den Mut haben, den Kinder zu sagen, dass sie erst einmal nur ein Stück nehmen. Man könne ja jederzeit nachbekommen. Warum nicht auch einmal den Geburtstag mittags mit einem Spaghetti-Essen beginnen (dann würde ich allerdings mit den Kindern Plastiklätzchen basteln oder andere Nudeln nehmen) oder Hefekuchenteilchen mit ihnen zusammen herstellen, die es dann zu essen gibt? Ein Picknick nach einer Wanderung (oder Schnitzeljagd) kann ebenfalls eine spannende und gelungene Sache werden.

An tolle Kindergeburtstage denken Kinder noch lange zurück (oder können Sie sich nicht mehr an solche Feste erinnern?). Deshalb lohnt es sich, sich viele Gedanken darüber zu machen und sie gemeinsam mit den Kindern rechtzeitig und umfassend zu planen. Hilfreich ist dafür ein Spielekoffer mit den Utensilien, die man meistens für eine Geburtstagsfeier braucht, sowie einer Kartei, die Sie sich mit besonders beliebten Spielen oder Gerichten anlegen. Lassen Sie sich inspirieren von den Erzählungen Ihrer Kinder von anderen Festen, notieren Sie Ideen nach Schul- oder Kindergartenveranstaltungen! Man vergisst sie sonst sicher, bis man sie selber einsetzen möchte.